Kohlenhydrate, ein heißes Thema. Jeder isst sie direkt am Morgen oder cycled sie. Andere hingegen möchten jedoch sogar so anabol wie nur möglich sein und essen deshalb ihre Kohlenhydrate ausschließlich am Wochenende. Wiederum andere bedienen sich ihrer nur in einer CarbNite pro Woche. Aber wieso nutzt niemand das Prinzip des Carb-Backloading?

Nicht jeder macht sich Gedanken um Kohlenhydrate. Die meisten Leute essen Kohlenhydrate völlig nach Belieben ohne Auswirkungen auf Kraft, Muskelmasse oder Taille. Auf mich trifft das nicht zu und ebenso wenig auf die Leute, mit denen ich arbeite. Deshalb möchte ich genau wie sie alle Vorteile von Kohlenhydraten haben, ohne aber Nachteile zu erfahren; möchte muskulös und dabei schlank werden. Genau das war der Grund für mich, diese Diätmethode zu entwickeln, um beide Ziele gleichzeitig zu erreichen und so entstand Carb-Backloading, eine Ernährungsweise, die vorschreibt, seine Kohlenhydrate erst spät (nach dem Training) zuzuführen.

Eine Sache, welche die Industrie über die letzten Jahre erst realisiert hat, ist, dass man ein Carb-Cycling-Schema nutzen muss, wenn man Ziele hat, die über den Alltag hinausgehen. Gewichtsverlust, Muskelaufbau und eine verbesserte Ausdauer - alles profitiert von Carb-Backloading. Weitere Profiteure sind Powerlifter. Ihre Gewichtszunahme für einen Wettkampf profitiert von Carb- Cycling. Selbiges gilt übrigens auch für das Baucheinziehen bei Hochzeitsfotos. Das Schema ist für kosmetische Zwecke bestens etabliert und mein erstes Buch stellt eine exakte und effektive Darstellung dessen dar.

Nur warum all das Gerede um diese Kohlenhydrate? Kohlenhydrate verursachen im Körper hormonelle und metabolische Veränderungen, welche das Potential jedes anderen Nährstoffes übersteigen. Würde ein Pharmakonzern heutzutage die Kohlenhydrate erst entdecken, dann müsste man für ein Gramm Glukose wahrscheinlich 100 Dollar bezahlen. Das Zuführen von Kohlenhydraten reguliert direkt und indirekt das Wachstum im Körper, indem dutzende Hormone beeinflusst werden. Deshalb wird auch soviel Zeit und Weisheit dafür investiert, um die perfekte Kohlenhydratzufuhr für verschiedene Ziele zu entschlüsseln.

Ein Schema, das den Aufbau fettfreier Muskelmasse ermöglicht (möglicherweise sogar Fettabbau!), ist der Industrie jedoch entgangen. Oft habe ich diese Behauptung in vielen verschiedenen Internetportalen und Zeitschriften gesehen, angepasst auf diverse Trainingssysteme und Diät-Pläne. Die meisten dieser fallen aber eher in die Kategorie: “Trainiere stundenlange lächerliche Workouts und iss wenig, sehr wenig.”

Jedoch gibt es auch einige Ausnahmen. Beispielsweise “The Anabolic Diet” von Dr. Mauro Di Pasquale oder “The Concept of Carb Cycling” von Shelby Starnes. Angelehnt an diese gibt es Programme, die diesen sehr nahe kommen. So wäre meine Carb-Nite-Solution Diet zum Beispiel eine verfeinerte Anabole Diät. Zusammenfassend kann ich sagen, dass alle Konzepte am Ende aber auf einem basieren: Kohlenhydrate sollen in einem täglichen oder wöchentlichen Zyklus verwendet werden. Neuere Forschung widerspricht jedoch diesen Strategien des Muskelaufbaus. Um Muskeln aufzubauen benötigt es täglich zwei Dinge: Eine Menge Kalorien und Kohlenhydrate.

Das Aufnehmen von Kohlenhydraten, zumindest der meisten, löst eine Insulinfreisetzung aus (Insulin = höchster Wachstumsmediator im Körper). Morgens ist die Insulinsensitivität am höchsten, was bedeutet, dass die Körperzellen am Morgen Kohlenhydrate besser absorbieren können als am Abend. Dieser Ansicht nach sind nur Muskel- und Fettzellen von Bedeutung, da die meisten anderen Gewebe (Niere, Leber, Dünndarm etc.) Kohlenhydrate ohne die Hilfe von Insulin nutzen können. Fett und Muskulatur reagiert morgens stärker auf Insulin als am Abend.

Klar stimmt es, dass ein morgendlicher Verzehr von Kohlenhydraten ein stärkeres Muskel- und Fettwachstum erlaubt, als dieses für den abendlichen Verzehr der Fall ist. Durch Training wird dies jedoch verändert, denn es ändert die Art, mit der ein Skelettmuskel auf Insulin und Blutzucker reagiert. Widerstandstraining löst nämlich zwei wichtige Veränderungen im Muskelgewebe aus:

  • 1) Erhöhte Insulinsensitivität im Muskel für bis zu 48h nach dem Training;
  • 2) Muskeln können einige Stunden Kohlenhydrate ohne Insulin verwenden.

Somit untereilt Widerstandstraining den Tag in zwei Hälften. Stell dir vor, du wartest mit dem Training bis 15 oder 16 Uhr. Isst du bis zu diesem Zeitpunkt keine Kohlenhydrate, haben weder deine Muskeln noch dein Fettgewebe irgendein Wachstumssignal erhalten. Nach dem Training startet dann der Konsum von Kohlenhydraten in Massen. Gestartet wird die Zufuhr dieser Kohlenhydrate mit einem Post Workout Shake, der reichliche Mengen an einfachen bzw. schnellen Kohlenhydraten enthält. Infolgedessen erfolgt ein massives Wachstumssignal. Da vorher intensives und schweres Widerstandstraining betrieben wurde, profitiert jedoch jetzt nur der Muskel statt dem Körperfett von den Kohlenyhdraten. Dieser Effekt setzt sich nun über den Abend bis zur Schlafenszeit fort. Wachstum des Rückenfetts, Ausdehnung des Bierbauches bleibt dabei aus und auch das Doppelkinn verschwindet!

So lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Verlagerung der Kohlenhdratzufuhr auf die Zeit nach dem Training (Carb-Backloading also) den Körper darauf einstellt hauptsächlich Muskulatur aufzubauen. Bei mir besteht beispielsweise der Pre-Workout Teil des Tages aus Ultra Low Carb. Ich konsumiere 30g Kohlenhydrate oder weniger, während der ersten Hälfte des Tages (ohne Beachtung der Ballaststoffe). Einige Leute kommen mit mehr klar und ich habe auch schon mit Leuten gearbeitet, die bis zu 100 Gramm Kohlenhydrate verteilt auf 3-4 Mahlzeiten vor dem Training essen können. Ich gehöre jedoch nicht zu dieser Personengruppe und bevor man rumexperimentiert, schlage ich vor, sich mit 30 Gramm oder weniger zufrieden zu geben.

Die einzige Mahlzeit, die nach dem Training Low Fat ist, ist der Post-Workout Shake. Er enthält 50g Protein und 100g eines auf Glukose basierenden Pulvers, das keine weiteren Nährwerte liefert (PWO = 0 Gramm Fett).

Die zweite Tageshälfte ist gut gefüllt mit kohlenhydratbetonten Mahlzeiten, jedoch ohne Verzicht auf Fett. Der starke Anstieg des Stoffwechsels, welcher den Kohlenhydrat-Load begleitet, hilft dabei, die Nahrungsfette während des Schlafes zu verarbeiten. Wenn der Muskel also die stärksten Wachstumssignale nach dem Training bekommt, was passiert dann ohne Kohlenhydrate vor und während des Trainings? Das ist eine faire Frage. Passt man die Ernährung nicht an, dann halten sich vor dem Training die anabolen und katabolen Signale des Körpers innerhalb eines Muskels die Waage. Um dieses Gleichgewicht zu Gunsten der anabolen Signaltransduktion zu verschieben, muss ein schnell absorbierbares Protein (z.B. Whey oder Casein-Hydrolysat) und einige Gramm einer verzweigtkettigen Aminosäure (Leucin) hinzugefügt werden.

Während des Trainings liefern die Glykogenspeicher und der Ketonstoffwechsel die Energie für die Muskeln. Sind die Glykogenreserven voll, ist genug Energie für das Training vorhanden, so dass das Muskelgewebe nicht beeinträchtigt wird. Hauptziel der Nahrungsaufnahme nach dem Training ist es, die Kohlenhydratspeicher gefüllt zu halten.

Das Laden von Kohlenhydraten nach dem Training (Back-Loading) tritt gegen jede Empfehlung an, wie man ein solides und starkes Training sicherstellt. Um schwer zu heben, benötigt der Körper Kohlenhydrate. Das besagt jedenfalls die Empfehlung. In den meisten Fällen, steigt die Kraft durch Back-Loading trotzdem an, zumindest wenn in der voherigen Nacht ausreichend Kohlenhydrate zugeführt wurden. Dies mag überraschend sein, allerdings nicht, wenn man die Medikament- ähnlichen Effekte der Kohlenhydrate betrachtet.

Die optimale Kraft ist ein Gleichgewicht zwischen Muskelgröße und neuraler Effizienz. Hierbei ist die Muskelgröße eine Konstante, die sich nicht über einen Tag weg verändert. Die neurale Effizienz hängt dafür von mehreren Faktoren ab die täglich, wenn nicht sogar stündlich betrachtet werden müssen. Das Timing der Kohlenhydratzufuhr ist dementsprechend wahrscheinlich die häufigste Ursache für ein mieses Training und das Weglassen von Lifts.

Konsumiert man kurz vor dem Training zu viele Kohlenhydrate, leitetet sich ein hyperglykämischer Zustand ein, welcher die Nervenzellen ineffizient feuern lässt und die Calciumreserven verheizt. Resultat ist eine glykämische Notlage, Schweiß fließt in Strömen und die Kraft geht flöten. Deswegen steigt die Kraft oft an oder bleibt stabil, wenn man auf Kohlenhydrate vor dem Training verzichtet, jedoch ausschließlich unter der Voraussetzung, dass die Glykogenspeicher in der Nacht zuvor ausreichend gefüllt wurden. Zugegeben: Back-Loading erfordert einige Bemühungen. Ich selbst habe einen flexiblen Zeitplan und das gilt auch für die meisten Sportler, mit denen ich arbeite. Deshalb ist es notwendig, den Tag um die Ernährung und das Training herumzuplanen. Maximale Zugewinne benötigen eine Planung des Lebens um das Training herum. Beispielsweise kann ein Training nicht immer um 15 oder 16 Uhr sein, sondern auch mal später. Verwendet man Back- Loading in Verbindung mit Widerstandstraining, so wird dem Muskel stets ein Maximum an anabolen Signalen geliefert und die Fettverbrennung erhöht, ganz egal zu welcher Tageszeit man sein Training absolviert. Dies gilt auch, wenn man erst um 21 Uhr mit der Post-Workout Ernährung beginnt.

Abschließend kann ich sagen, dass es eine Menge zu beachten gibt. Ich verstehe, wenn man nicht all diese Punkte befolgen möchte, jedoch ist der Lohn für die Mühen hoch. Über 20 Jahre hinweg habe ich mit einer Vielzahl an Sportlern auf allen Ebenen zusammengearbeitet und sehe Carb-Backloading als die Ernährungsstrategie, welche dauerhaft Kraft- und Muskelzuwächse möglich macht, und manchmal sogar Körperfett senken kann.