Allgemeines

Die Eiweiße bestimmen in entscheidendem Maße die Funktion und Struktur des menschlichen Körpers. Sie sind nicht nur unentbehrlicher Bau- und Reparaturstoff der menschlichen Zellen, darüber hinaus sind sie auf unterschiedlichste Art und Weise an den zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt.

Bausteine der Eiweiße sind die Aminosäuren. Nach der Anzahl der Aminosäuren, aus denen ein Eiweiß besteht, unterscheidet man Oligopeptide mit weniger als zehn Aminosäuren, Polypeptide, die sich aus 10-100 Aminosäuren zusammensetzen, und Proteine mit mehr als 100 Aminosäuren. Die Abfolge der Aminosäuren zur Synthese der Eiweiße wird in der DNA kodiert. Die Synthese findet mit Hilfe der t-RNA, der m-RNA sowie den Ribosomen im Zellplasma statt.

Im menschlichen Organismus werden für die Proteinsynthese 20 verschiedene Aminosäuren benötigt. Die Hälfte davon kann der Körper selber herstellen, die andere Hälfte ist essentiell, sie müssen also mit der Nahrung zugeführt werden. Die zehn essentiellen Aminosäuren sind Leucin, Isoleucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Tyrosin und Valin sowie Arginin und Histidin, wobei letztere nur im Kindesalter essentiell sind. Glutamin gilt als semi-essentiell. Der Körper ist generell in der Lage genügend selber zu produzieren. Jedoch ist die Produktionskapazität begrenzt und stößt in in Belastungs- und Mangelsituationen (Hunger, Infekte/Krankheiten, starke sportliche Belastungen) an ihre Grenzen.

In der Natur liegen sie fast nur in der L-Form vor und haben alle den selben Grundaufbau. Unterschieden tun sie sich in ihrem Rest ®, der entweder, unpolar (=elektrisch neutral), polar (=elektrisch geladen), sauer (=PH-Wert < 7) oder basisch (=PH-Wert > 7) ist. Hier ein kleiner Überblick:

Unpolar

| Glycin | Gly, aliphatisch (= wenig, nicht verzweigt) | | Alanin | Ala, aliphatisch | | Valin** | Val, aliphatisch | | Leucin** | Leu, aliphatisch | | Isoleucin** | Ile, aliphatisch | | Phenylalanin | Phe, alicyclisch (=Kohlenstoffring) | | Prolin | Pro, alicydisch | | Tryptophan** | Trp, alicydisch | | Methionin** | Met, aliphatisch |

** essentielle Aminosäuren

Polar

| Serin | Ser, aliphatisch | | Threonin** | Thr, aliphatisch | | Cystein | Cys, aliphatisch | | Tyrosin | Tyr, alicydisch | | Asparagin | Asn, aliphatisch | | Glutamin | Gln, aliphatisch |

** essentielle Aminosäuren

Sauer

| Asparaginsäure | Asp, aliphatisch | | Glutaminsäure | Glu, aliphatisch |

Basisch

| Lysin** | Lys, aliphatisch | | Arginin | Arg, aliphatisch | | Histidin | His, alicyclisch |

** essentielle Aminosäuren

Funktion im Körper

Eiweiße dienen als Bausteine in

  • Hormonen (Steroid-, Peptid- oder Proteohormone)
  • Enzymen
  • Membranproteinen der Zellwand (z.B. Rezeptoren oder Transportproteine)
  • Stütz- und Gerüsteiweißen (z.B. Kollagen, Keratin oder Elastin)
  • Kontraktilen Proteinen (z.B. Aktin- und Myosinfilamente als kontraktile Elemente des Muskels)
  • Plasmaeiweißen (z.B. Albumin)
  • Transporteiweißen (z.B. Hämoglobin, Myoglobein und bestimmte Plasmaproteine)
  • Blutgerinnungsfaktoren
  • Antikörpern
  • der Energieversorgung (hier aber nur Reservefunktion)

Eiweiße sind nicht so energiereich wie Fette. Ihre Energiedichte beträgt 17,2 kJ/g (= 4,1 kcal/g). Die mit der Nahrung aufgenommenen Eiweiße werden im Darm in ihre Bausteine zerlegt, die Aminosäuren werden resorbiert, um dann als Material für den Aufbau körpereigener Eiweiße zu dienen. Als Energiequelle setzt der Körper Eiweiß erst ein, wenn er die Kohlenhydrat- und Fettspeicher aufgebraucht hat. Dies geschieht während längerer Hungerperioden. In einem komplizierten chemischen Prozess kann in der Leber aus einigen Aminosäuren Glukose als Energielieferant hergestellt werden. Andere Aminosäuren können, ähnlich wie Fettsäuren, zu sog. Ketonkörpern abgebaut werden, die von den Organen in Zeiten der Mangelversorgung alternativ zur Glukose verstoffwechselt werden.

Ein Beispiel für die Wichtigkeit der essentiellen Aminosäuren stellen unsere Muskeln dar. Sie bestehen zu einem großen Teil aus den essentiellen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin.

Natürlich gibt es Proteine, die vom menschlichen Körper besser verwertet werden können, als andere. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der Biologischen Wertigkeit eines Proteins bzw. Nahrungsmittels. Als biologische Wertigkeit bezeichnet man die Menge an menschlichem Körpereiweiß, die durch 100 g Nahrungseiweiß ersetzt werden kann. Als Bezug setzt man das Volleiprotein (biologische Wertigkeit = 100).

[genauer: die biologische Wertigkeit gibt an, wieviel Gramm Körperstickstoff [durch 100 g resorbierten Nahrungsstickstoff ersetzt oder gebildet werden kann. [Die Höhe der Wertigkeit hängt im wesentlichen von der Menge und der Relation [essentieller Aminosäuren ab].

Die höchste biologische Wertigkeit, die man bis jetzt gefunden hat ist einen Mischung aus 36% Eiprotein und 64% Kartoffelprotein. Sie hat die biologische Wertigkeit 136.

Bei tierischen Eiweißen beträgt die Wertigkeit ca. 80 - 100, das heißt aus 100 g aufgenommen Eiweiß können 80 - 100 g Körpereiweiß gebildet werden. Bei pflanzlichen Eiweißen beträgt die biologische Wertigkeit nur 60 - 70, da die für den Menschen essentiellen Aminosäuren nicht im richtigen Mengenverhältnis zugeführt werden.

Täglicher Bedarf

Der Bedarf an Eiweiß ist sehr unterschiedlich. Der „Normalbürger” benötigt ca. 0,8 - 1 g Eiweiß pro kg Körpergewicht / Tag. Die empfohlene Proteinzufuhr für Kinder und Jugendliche liegt bei 1,2 g/kg Körpergewicht (1-3 jährige), 1,1 g/kg Körpergewicht (4-6 jährige), 1,0 g/kg Körpergewicht (7-15 jährige).

Einige Hochleistungsportler nehmen bis zu 2,5 g Eiweiß / kg Körpergewicht und Tag zu sich. Der Bedarf fällt mit zunehmendem Alter. Ab dem 25. Lebensjahr verliert der Mensch Gewebesubstanz und damit auch Protein, sodass sich der Proteinbestand des Organismus bis zum 60. Lebensjahr um etwa 20% vermindert.

Der Eiweißgehalt sollte ca. 10 - 20 % der Gesamtkalorienzufuhr am Tag betragen.

Der Mensch verfügt über ein kurzfristiges Pool (Reservoir) von Eiweißen. Dieses beträgt ca. 45 g (davon 40 g im Muskel und die übrigen 5 g in Blut und Leber). Bei eiweißfreier Ernährung verliert der Mensch pro Tag etwa 13 - 17 g Eiweiß.

Führt man genau diese Menge (Absolutes Eiweißminimum) dem Körper jeden Tag zu, so entsteht trotzdem ein Eiweißmangel. Dieses passiert deshalb, weil die biologische Wertigkeit des Eiweißes, welches man zu sich nimmt ja nicht unbedingt 100 betragen muss. So können z.B. von 17 g aufgenommenem Eiweiß vielleicht nur 8,5 g in körpereigenes Eiweiß umgewandelt werden (z.B. bei einer Biologischen Wertigkeit von 50). Außerdem erhöht jegliche Art von Stress den Proteinumsatz, sodass die Proteinzufuhr hier über dem Minimalbedarf liegen sollte. Es ergibt sich hieraus ein Sicherheitszuschlag, der von der WHO- Expertenkommission mit 30% angesetzt ist. Der Proteinbedarf klettert so auf 0,44 g/kg Körpergewicht oder ca. 31 g/Tag für einen 70 kg schweren Mann. Da die Ausnutzung, des mit der Nahrung aufgenommenen Proteins von Mensch zu Mensch variiert wird dieser Menge ein weiterer Zuschlag von 30% gegeben. Damit erhöht sich der Bedarf für einen 70 kg schweren Erwachsenen auf etwa 40 g/Tag.]

Für einen effektiven Muskelaufbau ist bei einer gemischten Alltagskost je nach Muskelmasse und Veranlagung eine Zufuhr von 1,4 bis 2,0 g/kg Körpergewicht am Tag anzuraten, um bei regelmäßigem und intensivem Krafttraining eine positive Stickstoffbilanz zu erreichen.

Fehlversorgung

Unterversorgung

Ist die Eiweißversorgung unzureichend, lässt zunächst die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nach. Weiterhin kommt es zu einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit und des Immunsystems, was eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten zur Folge hat. Auch eine Beschleunigung von Alterungsprozessen im Körper kann im Rahmen eines Proteinmangels auftreten. Bei massivem Eiweißmangel kann es zu ausgeprägten Ödemen, also Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe, kommen. Der sogenannte Marasmus, d.h. der massive, chronische und lebensbedrohliche Eiweißmangel tritt nur in von Hungersnöten betroffenen Ländern der Dritten Welt mit flächendeckenden Versorgungsengpässen als verbreitetes Krankheitsbild auf. Bei der Durchschnittsernährung der Industrienationen ist ein Eiweißmangel ausgeschlossen.

Überversorgung

(Ein übermäßiges Proteinangebot belastet Leber und Nieren und kann außerdem den (Kalziumhaushalt des Körpers durcheinander bringen.) Eine gesundheitsschädliche (Überversorgung mit Nahrungsprotein ist umstritten und konnte bisher nicht (bewiesen werden.

Beispielsweise verglich eine Studie mit gesunden Probanden Auswirkungen einer Zufuhr von 2,8g Eiweiß/kg Körpergewicht mit geringeren Zufuhrstufen. Auffälligkeiten im Bereich der Nieren stellten sich nicht heraus(Poortmans, Dellallieux, 2000). Man kam lediglich zu der Erkenntnis, dass bei einer hohen Eiweißzufuhr eine Hypertrophie der Nieren begünstigt werden kann, was gleichzeitig einen Anstieg der Filtrationsleistung bewirkt (Brändle et. al., 1996). Dennoch ist Personen mit Krankheitsleiden im Nierenbereich eine stärkere Kontrolle und ggf. Einschränkung ihrer Proteinzufuhr in ärztlicher Absprache zu empfehlen.

Eiweißkonsum und Gicht stehen ebenfalls in keinem Zusammenhang. Eine erhöhte Gefahr, an Gicht zu erkranken, besteht bei übermäßigem Konsum von purinhaltigen Nahrungsmitteln. Purine sind Bestandteile von DNA und werden zu Harnsäure abgebaut. Protein wird jedoch zu Harnstoff abgebaut, der mit Gicht nichts zu tun hat. Sie sind in Nahrungsmitteln wie Fleisch oder Fisch enthalten, jedoch nicht in Eiern und Milchprodukten. Ein bedenklicher Puringehalt ist bei hochwertigen Nahrungsergänzungsmitteln (siehe Artikel Proteinpulver) ausgeschlossen.

Eine Übersäuerung durch hohen Eiweißkonsum ist mit Blick auf die basischen Aminosäuren ausgeschlossen, da im Zuge des Proteinstoffwechsels automatisch eine Neutralisation stattfindet. Um zusätzlich einer Übersäuerung vorzubeugen, ist der Verzehr von Gemüse, Obst und Milchprodukten anzuraten, die sich generell in einer ausgewogenen Ernährung finden sollten.

Bei erhöhter zielorientierter Eiweißzufuhr im Muskelaufbau/Diät-Bereich ist in jedem Fall auf eine adäquate Flüssigkeitszufuhr zu achten!

Eiweißreiche Nahrungsmittel

Pflanzliche Proteine sind vor allem in Getreide, Soja und Hülsenfrüchten und Nüssen enthalten, tierische stecken in Eiern, Molkereiprodukten, Fleisch und Fisch. Den Bedarf an essenziellen Aminosäuren durch eine rein pflanzliche (sog. vegane) Ernährung zu decken, setzt differenzierte Kenntnisse und eine große Disziplin voraus. Sehr viel einfacher gelingt dies den Vegetariern, die auch Milchprodukte in ihren Speiseplan integrieren.

Quellen

Rauscher, Philipp, Das Logisch-Ernähren-Body-System, Norderstedt 2009, S. 8-13.

Ernährungsmedizin: Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer von Hans-Konrad Biesalski

Aktuelle Ernährungsmedizin Georg Thieme

Ernährungsmedizin und Diätetik: Unter Mitarbeit von Walter Burghardt- mit Zugang zum Elsevier-Portal Heinrich Kasper

Brändle E, Siebert HG, Hautmann RE. Effect of chronic dietary protein intake on the renal function in healthy subjects. Eur J Clin Nutr. 1996 Nov;50(11):734-40.

Poortmans JR, Dellallieux O. Do regular high protein diets have potential health risks on kidney function in athletes? Int J Sport Nutr Exerc Metab. 2000 Mar;10(1):28-38.