Allgemein
Deutschland ist jedoch seit dem Ende der letzten Eiszeit ein Jodmangelgebiet: Damals wusch das Schmelzwasser der abtauenden Gletscher das Jod aus der Erde und spülte es ins Meer. Weder Böden noch Trinkwasser enthalten heute in Deutschland nennenswerte Jodmengen.
Die normale Ernährung kann den Jodbedarf des Körpers deshalb kaum decken, Jodmangel ist sehr häufig. Viele Menschen leiden deshalb unter einer vergrößerten Schilddrüse. Ein Viertel der Betroffenen besitzt einen sichtbaren Kropf.
Physiologische Bedeutung
Als wesentlicher Bestandteil der Schilddrüsenhormone ist Jod für Wachstum und Entwicklung und für zahlreiche Stoffwechselvorgänge unabdingbar.
Mangel
Jodmangel führt zu einer Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose). Seine Symptome entwickeln sich schleichend, so dass Betroffene anfangs keine Beschwerden haben. Machen sich die Symptome schließlich bemerkbar, schreiben die Betroffenen sie häufig anderen Ursachen zu wie Alter und hormonelle Umstellungen oder Vitamin- und Eisenmangel.
Typische Anzeichen für eine Schilddrüsen-Unterfunktion sind:
- Müdigkeit, Antriebsarmut, Lustlosigkeit
- Konzentrationsstörungen und Leistungsschwäche
- stärkeres Schlafbedürfnis oder Schlafstörungen
- Kälteempfindlichkeit
- Ängste und Depressionen
- Schluckbeschwerden mit dem Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben
- rauhe, heisere Stimme und verwaschene Aussprache
- Verdauungsstörungen und Verstopfung
- erhöhte Infektanfälligkeit
- trockene Haut
- Gewichtszunahme
- hohe Cholesterinwerte
- zunehmender Halsumfang
- Wachstums- und Entwicklungsstörungen bei Kindern
Auftreten und Ausprägung der Symptome hängen auch vom Alter der Betroffenen ab. Ältere Patienten leiden vor allem unter Kälteempfindlichkeit, Kraftlosigkeit und Verstopfung.
Wird Jodmangel nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann es zur Kropfbildung kommen. Ein Arzt wird zunächst versuchen, durch Jodgaben eine Rückbildung des Kropfes zu erreichen. Unter Umständen muss der Kropf jedoch operativ behandelt werden. Schilddrüsen-Operationen zählen zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen in Deutschland.
Zur Vorbeugung einer Fehlfunktion der Schilddrüse muss der Jodmangel rechtzeitig entdeckt werden. Nur eine Kombination mehrerer Untersuchungsmethoden erlaubt eine sichere Diagnose und eine korrekte Einstellung der Prophylaxe. Dazu sind eine Bestimmung der Blutwerte, weitere Laboruntersuchungen sowie eine Ultraschall-Untersuchung der Schildrüse nötig.
Überversorgung
Eine Überversorgung mit Jod ist nicht zu befürchten, wie Professor Hehrmann und Professor Dr. Rolf Großklaus vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Berlin, einstimmig betonen. Die für Deutschland als sicher erachtete maximale Höchstmenge von 500 Mikrogramm Jod wird nämlich auch dann nicht überschritten, wenn Jod über verschiedene Quellen aufgenommen wird. Alle vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchung belegen zudem, dass unerwünschte Nebeneffekte nur bei sehr hohen Joddosen weit über 500 bis 1000 Mikrogramm pro Tag vorkommen wie sie mit Röntgenkontrastmitteln, Desinfektionsmitteln und bestimmten Medikamenten aufgenommen werden und nicht bei den physiologischen und optimalen Jodmengen von maximal 300 Mikrogramm, wie sie mit der Nahrung zugeführt werden. Auch von einer “Jodschwemme”, die von Jodkritikern gelegentlich genannt wird, kann den Experten zufolge keine Rede sein, denn nach wie vor fehlt in der Nahrung etwa ein Drittel der empfohlenen Zufuhrmenge an Jod, das es noch auszugleichen gilt.
Bedarf
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) empfiehlt Kindern und älteren Menschen, täglich 180µg (Mikrogramm) Jod aufzunehmen. Bei Jugendlichen und Erwachsenen mittleren Alters liegt die Tagesdosis bei 200µg. Schwangere und Stillende sollten 230 bis 260µg pro Tag zu sich nehmen. Vor allem durch jodiertes Speisesalz ist die Jodversorgung in Deutschland inzwischen deutlich besser als früher ist. Dennoch geht die DGE davon aus, dass viele Bundesbürger regelmäßig immer noch nur die Hälfte oder bestenfalls zwei Drittel der empfohlenen Tagesmengen zu sich nehmen.
Altersgruppe | Empfohlene Tagesration in µg | Tägliche Aufnahme in µg | Joddefizit in µg |
---|---|---|---|
Gestillte Säuglinge | 50-80 | 40-50 | 10-40 |
Kinder, ältere Menschen (ab 50) | 140-180 | 70-100 | 70-110 |
Jugendliche, Erwachsene | 180-200 | 100-120 | 80-100 |
Schwangere, Stillende | 230-260 | 110-125 | 120-150 |
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.
Vorkommen
Als ideale Jodlieferanten sollten den Empfehlungen der DGE zufolge Seefisch und Meerestiere am besten zwei Mal in der Woche auf den Tisch kommen. Kabeljau und Schellfisch sind in Sachen Jodgehalt dabei die Spitzenreiter. Süßwasserfische enthalten dagegen kaum Jod.
Fleisch und Milchprodukte sind weitere gute Lieferanten für das tägliche Jod. Allerdings gibt es bei letzteren Einschränkungen: Zum einen hängt die Jodmenge von der Fütterung der Kühe ab, zum anderen enthalten bestimmte Käsesorten durch das eingesetzte Fermentierungsverfahren wenig oder kaum Jod.
Lebensmittel | Jodgehalt in µg |
---|---|
Fischstäbchen | 160 |
Fisch, gegart | 156 |
Fischfrikadelle | 111 |
Fischfilet, gebraten | 105 |
Matjesfilet | 63 |
Hartkäse | 52 |
Thunfisch in Öl, Konserve | 40 |
Räucherlachs | 37 |
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung
Funktion
Die Schilddrüse benötigt Jod für die Bildung von Hormonen. Die beiden wichtigsten sind Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Diese Hormone beeinflussen viele Stoffwechselvorgänge. So wirken sie bei der Steuerung von Kreislauf, Körpertemperatur und Fruchtbarkeit mit. Auch das Gefühlsleben wird zum Teil durch die Schilddrüsenhormone gesteuert. Bei Kindern hängen außerdem Wachstum und die Entwicklung der intellektuellen Leistungsfähigkeit vom T3- und T4-Spiegel ab.
Stoffwechsel und Resorption
In Lebensmitteln liegt Jod hauptsächlich als anorganisches Jodid vor. In dieser Form kann es fast vollständig absorbiert werden. Lediglich durch einen erhöhten Härtegrad (also durch einen erhöhten Kalkgehalt) des Trinkwassers kann die Absorption von Jod beeinträchtigt werden.
Der Stoffwechsel von Jod kann von so genannten Goitrogenen beeinträchtigt werden. Goitrogene sind Kropferzeugende Substanzen und zählen zur Substanzklasse der Isothiocyanate. Diese Substanzen verhindern zwar nicht die Magen und Darm betreffende Aufnahme von Jod aber sie hemmen die Aufnahme von Jod in der Schilddrüse und damit die Synthese (Bildung) und Sekretion (Ausscheidung) der Schilddrüsenhormone. Goitrogene sind allerdings nur bei einer ausgesprochen einseitigen Ernährung mit Kohl und einer gleichzeitig niedrigen Jodaufnahme von Bedeutung. Die gesundheitsfördernde Wirkung der Goitrogene ist allerdings von größerer Bedeutung. Goitrogene kommen in Kohlarten wie beispielsweise Rotkohl, Weißkohl, Blumenkohl oder Wirsing sowie in Steckrüben, Senfarten, Rettich und Kresse vor.
Bioverfügbarkeit
Jod löst sich leicht im Kochwasser. Fisch sollten Sie deshalb lieber braten oder backen als Kochen. Das in Milchprodukten enthaltene Jod kann der menschliche Organismus nur zum Teil verwerten, da er die Molke, die den Löwenanteil des Jods enthält, nicht aufschließen kann.
Quellen
Ernährungsmedizin: Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer von Hans-Konrad Biesalski
Aktuelle Ernährungsmedizin Georg Thieme
Ernährungsmedizin und Diätetik: Unter Mitarbeit von Walter Burghardt- mit Zugang zum Elsevier-Portal Heinrich Kasper
Handbuch Nahrungsergänzungen Klaus Arndt