Immer wieder höre oder lese ich von Leuten Aussagen, dass Süßstoffe „dick machen“ oder „schädlich“ sind. Das stimmt so definitiv nicht! Scheinbar besteht hier also ein großer Informationsbedarf, den ich hoffe nun wenigstens Teilweise decken zu können. Ich werde kurz auf die Verwendung und die verschiedenen Sorten eingehen und hoffen, dass dies nicht zu langweilig wird. Im Anschluss folgt die Auseinandersetzung mit ein paar interessanten Studien und deren Aussagekraft.

Was sind Süßstoffe überhaupt?

Süßstoffe sind synthetische und natürliche Verbindungen mit einem intensiv süßen Geschmack und zählen zu den Lebensmittelzusatzstoffen.

Im Gegensatz zu den Zuckern und Zuckeraustauschstoffen besitzen sie keinen oder nur einen vernachlässigbar geringen Nährwert, da sie vom Körper völlig oder weitgehend unverändert wieder ausgeschieden werden.

Lebensmittelrechtlich werden Süßstoffe als Süßungsmittel deklariert und eine Zulassung ist vorgeschrieben Internationale Expertengremien bewerten sie hierbei gesundheitlich, wie z.B. der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU-Kommission (SCF) bis 2003 und heute das Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA).

Aus diesen Untersuchungen wird der ADI abgeleitet, welcher die akzeptable tägliche Aufnahme über ein gesamtes Leben lang darstellt und außerdem noch einen Sicherheitsfaktor beinhaltet.

Auch nach der Zulassung erfolgen in der Regel noch weitere Untersuchungen.

Da Süßstoffe über eine sehr starke Süßkraft verfügen, sind in den Produkten nur geringe Mengen notwendig.

Um beispielsweise die als unbedenklich geltenden Mengen an Saccharin zu überschreiten, müsste eine 70 kg schwere Person mindestens 88 Süßstoff-Tabletten am Tag verzehren.

Verwendung

Wegen ihrer Kalorienlosigkeit und dem vorherrschenden Schönheitsideal sind Süßstoffe inzwischen hierzulande stark verbreitet.

Auch viele Bodybuilder greifen gerne auf diese Alternative zurück, was das Thema eigentlich überhaupt erst so interessant für das Forum macht. Man will ja wissen, was man so in hinein stopft.

Vor allem in diätetischen Erzeugnissen, wie z.B. Lightprodukten, sind Süßstoffe enthalten.

Bei realem oder eingebildetem Übergewicht wird auf sie häufig als Zuckerersatz zu Gewichtsreduktionszwecken zurück gegriffen.

Da sie mangels Glukosehaltigkeit auch für Diabetiker geeignet sind, finden sie auch Anwendung zur Süßung entsprechender Lebensmittel und Getränke für diese Zielgruppe.

Im Handel sind Süßstoffe als Streu- oder Flüssigsüße und als Tabletten erhältlich und weisen eine lange Haltbarkeit auf (Aspartam bildet hier eine Ausnahme). Beim Erhitzen bleibt die Süßkraft erhalten, außer bei Aspartam und Thaumatin. Daher sind sie gut in der Lebensmittelproduktion einsetzbar, wobei meist Mischungen verschiedener Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe (Zuckeralkohole) verwendet werden. Diese oder ihre entsprechenden E-Nummern müssen der Kennzeichnung zu entnehmen sein.

Sorten

Acesulfam-K

Acesulfam-K (E 950) ist ein synthetischer Süßstoff mit der 200-fachen Süßkraft von Zucker. Er besitzt einen angenehm kühlenden Geschmack, ist nicht kalorisch, hitzebeständig und sehr zuckerähnlich.

In hohen Konzentrationen nimmt die Süßkraft allerdings ab und es entwickelt sich ein leicht metallischer Beigeschmack.

Acesulfam-K ist für zahlreiche Produkte zugelassen und einer der am Besten erforschten Süßstoffe.

  • Zugelassene Höchstmenge = 25 bis 2500 mg pro kg bzw. L des Produkts
  • ADI = 9 mg pro kg Körpergewicht.

Aspartam

Aspartam (E 951) wird ebenfalls durch chemische Synthese hergestellt und besteht aus den zwei Aminosäuren Asparaginsäure und Phenylalanin in Verbindung mit Methylalkohol. Der Abbau erfolgt genauso wie bei Eiweiß und liefert auch die selbe Menge an Kalorien, welche ca. 4 kcal pro Gramm beträgt.

Da es allerdings die 200- bis 250-fache Süßkraft von Zucker besitzt, sind die verwendeten Mengen vernachlässigbar gering.

Allerdings ist Aspartam nicht hitzestabil und sollte nicht zum Kochen und Backen verwendet werden.

Bei der Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie ist die Aufnahme dieses Süßstoffs wegen dem enthaltenen Phenylalanin verboten und daher eine entsprechende Kennzeichnung notwendig.

  • Zugelassene Höchstmenge = 25 bis 6000 mg pro kg bzw. L des Produkts
  • ADI = 40 mg pro kg Körpergewicht.

Aspartam-Acesulfam-Salz

Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962) ist eine chemische Verbindung aus Aspartam und Acesulfam im Verhältnis 3:2, besitzt die 350-fache Süßungskraft von Haushaltszucker und zerfällt im Organismus in seine Bestandteile. Daher entsprechen alle Angaben den der Einzelkomponenten.

Cyclamat

Cyclamat (E 952) bezeichnet Zyklohexansulfamidsäure (von der neuen Rechtschreibung bekomme ich Augen-Krebs) und ihre Salze, die alle synthetisch sind. Diese Verbindungen sind geschmacksneutral, hitzebeständig und lange lagerfähig.

Die Süßkraft ist durchschnittlich um das 40-fache höher, als die von Zucker.

  • Zugelassene Höchstmenge = 250 bis 1600 mg pro kg bzw. L des Produkts
  • ADI = 7 mg pro kg Körpergewicht.

Saccharin

Saccharin (E 954) und dessen Salze werden chemisch synthetisiert, vom Organismus schnell aufgenommen und unverändert wieder ausgeschieden, wodurch sind sie nahezu kalorienfrei sind.

Dieser Süßstoff besitzt einen metallisch-bitteren Nachgeschmack, ist nicht zum Kochen geeignet und in der Reinform schlecht wasserlöslich (das Natriumsalz hingegen gut).

Saccharin-Na besitzt die 300-500-fache Zuckersüßkraft und der ADI ist bei allen Derivaten etwa identisch.

  • Zugelassene Höchstmenge = 80 bis 3000 mg pro kg oder L des Produkts
  • ADI = 5 mg pro kg Körpergewicht

Sucralose

Sucralose (E 955) ist eine weiße, wasserlösliche, kristalline Verbindung, die chemisch aus Haushaltszucker und Chlor (auch Chlorzucker oder Trichlorgalaktosesaccharose genannt) hergestellt wird. Die Süßkraft ist 600-mal stärker, als die des Zuckers alleine und die Verbindung ist frei von Kalorien.

  • Zugelassene Höchstmenge = 10 bis 3000 mg pro kg oder L des Produkts
  • ADI = 15 mg pro kg Körpergewicht.

Thaumatin

Thaumatin (E 957) ein natürlicher Süßstoff, der aus dem Eiweiß einer in Westafrika wachsenden Staude gewonnen wird und durch die geringe Ausbeute relativ teuer ist.

Ein Kaloriengehalt ist praktisch nicht existent, der Stoff ist hitzelabil und verliert bei der Erwärmung seinen süßen Geschmack, welcher sonst um das 2500-fache (Nein, das ist kein Schreibfehler) über dem Zucker liegt.

  • Zugelassene Höchstmenge = 50 bis 400 mg pro kg bzw. L des Produkts
  • Dieser Süßstoff ist auch in hohen Mengen unbedenklich, weswegen hier kein ADI-Wert existiert.

Neohesperidin

Neohesperidin (E 959) wird synthetisch aus Flavonoiden (Pflanzenbestandteile) hergestellt und besitzt keine Kalorien. Durch seinen mentholhaltigen Beigeschmack wird es jedoch nur selten zugesetzt oder in Verbindung mit Aromen oder anderen Süßstoffen.

  • Neohesperidin ist 600-mal süßer als der übliche Zucker.
  • Zugelassene Höchstmenge = 10 bis 400 mg pro kg oder L des Produkts
  • ADI = 5 mg pro kg Körpergewicht

Stevia

Stevia zählt per Definition zwar nicht zu den Süßstoffen, soll aber dennoch kurz erwähnt werden.

Es handelt sich hierbei um eine südamerikanische Staude, deren getrocknete oder zu Pulver zermahlene Blätter eine 10- bis 15-mal größere Süßkraft als Haushaltszucker haben. Die süß schmeckenden Inhaltsstoffe sind die Diterpenglykoside (z.B. Steviosid und Rebaudiosid), welche eine 300-fach stärkere Süße besitzen. Dieses Süßungsmittel weist einen leicht lakritzeartigen Beigeschmack auf, der recht intensiv ausfällt, was ich bei einer Kostprobe feststellen konnte.

Stevia ist wasserlöslich und bleibt beim Erhitzen unverändert, wobei es trotzdem nicht gekocht werden sollte. Stevia hat keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, soll plaquehemmend wirken und ist nahezu kalorienfrei.

In der EU ist Stevia (zählt hier als „Novel Food“) bisher nicht zugelassen, weil die toxikologischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Somit ist die gesundheitliche Unbedenklichkeit noch nicht ausreichend belegt.

Der letzte Zulassungsantrag (1999) wurde abgelehnt, da nur unzureichende Daten vorgelegt wurden.

Allerdings wird es schon seit längerer Zeit in z.B. Japan verwendet.

Studien zu Süßstoffen

Kommen wir zuerst zu den schlechten Nachrichten…

Im Jahr 2001 kamen Weihrauch et al in einer Fall-Kontroll-Studie zu dem Ergebnis, dass bei starkem Süßstoffkonsum ein erhöhtes Blasenkrebsrisiko besteht.

Eine andere Untersuchung lieferte Hinweise auf eine mutagene (erbgutschädigende) Wirkung und zahlreiche Studien kamen zur „Erkenntnis“, dass Süßstoffe dick machen.

Den schlechten folgen üblicherweise die guten Nachrichten….

In allen folgenden Studien konnten kein statistisch signifikant erhöhtes Krebsrisiko beim Menschen festgestellt werden und auch die mutagene Wirkung wurde nicht bestätigt, trotz gleicher Versuchsbedingungen.

Was man von nicht reproduzierbaren Studien halten soll, bleibt jedem selbst überlassen.

Noch ein paar Gedanken zur Vorgehensweise in manchen Untersuchungen.

Zum Beispiel wurden in einer von diesen die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt, von denen die eine zuckerhaltige und die andere süßstoffhaltige Getränke erhielt – wissentlich.

Anschließend wurden sie zu ihrem subjektiven Hungergefühl befragt, welches bei der Süßstoffgruppe als stärker beschrieben wurde.

Bei einer anderen wurden Ratten mit Joghurt gefüttert, der entweder Zucker oder Süßstoff enthielt. Die Ratten fraßen mehr von dem süßstoffhaltigen Produkt, was durch die fehlenden Kalorien auch nicht weiter verwunderlich erscheinen sollte. Allerdings wurde daraus auf einen den Stoffwechsel verlangsamenden Effekt geschlossen.

Zum Glück gibt es aber auch Studien, die sich objektive Messungen stützen.

Unter anderem kamen Härtel und Steiniger mittels Blutuntersuchungen zu dem Ergebnis, dass Süßstoffe keinerlei Einfluss auf die Insulinausschüttung und somit auch nicht auf den Hunger oder Appetit besitzen.

Auch das Sättigungsgefühl wird durch den Süßstoff nicht verändert, was DellaValle, Roe und Rolls in einer Untersuchung von 2005 belegen konnten.

Bei teilweisem Ersatz von Zucker durch nicht kalorische Süßstoffe erfolgte ein Gewichtsverlust, wie es de la Hunty et al. (2006) in einer Metastudie anhand von 16 Interventionsstudien feststellen konnten.

Diese ergab auch keine vollständige Energiekompensation durch die weitere Nahrungsaufnahme, sondern lediglich einen Ausgleich von 32% der gesparten Energie.

Kanders et al. untersuchten 1990 den Einfluss von Süßstoffen auf die Gewichtskonstanz.

Bei Männern konnte durch den hohen Süßstoffkonsum das Gewicht besser gehalten werden, aber bei Frauen (sowas ungerechtes) gab es keinen Einfluss. Außerdem wurde ein Gewichtsverlust von ca. 0,2 kg pro Woche festgestellt, bei Ersatz von rund 83 g Saccharose (330 kcal) pro Tag durch Süßstoff.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass eine signifikante Senkung der Energieaufnahme und des Körpergewichts durch den Konsum süßstoffhaltiger Lebensmittel anhand zahlreicher Studien und Meta-Analysen bestätigt wurde.

Diese kamen alle zur Erkenntnis, dass es keine Beweise für einen dick machenden Effekt von Süßstoffen gibt.

Auch wenn ich meine persönliche Meinung zu den Studien doch ein „wenig“ zum Ausdruck gebracht habe, sollte sich jeder sein eigenes Urteil bilden.

Fakt ist, dass die meisten Süßstoffe schon seit Jahrzehnten zugelassen und gründlichst untersucht worden sind.

Wenn man die täglichen Aufnahmeempfehlungen nicht dauerhaft stark überschreitet, sollte man sich also keine Gedanken um eventuelle Risiken machen.

Ich für meinen Teil werde mir auch weiterhin literweise Flüssigsüßstoff in meinen Magerquark schütten und Cola light trinken.

Ob man sich dem anschließen möchte, bleibt selbstverständlich jedem selbst überlassen.

Quellen, die zeigen, dass kein Insulin ausgeschüttet wird:

  • Sadovnikova NV, Fedotov VP, Aleshina LV, Shvachkin IuP, Girin SK, Aspartame– the sweet-tasting dipeptide–does not affect the pancreatic insulin-secreting function, Probl Endokrinol (Mosk). 1984 Jul-Aug;30(4):67-9.
  • Calculation of the intake of three intense sweeteners in young insulin- dependent diabetics. Food Chem Toxicol. 2001 Jul;39(7):745-9.
  • Effects of artificial sweeteners on insulin release and cationic fluxes in rat pancreatic islets. Cell Signal. 1998 Nov;10(10):727-33.
  • Sweet taste of aspartame and sucrose: effects on diet-induced thermogenesis. Appetite. 2000 Jun;34(3):245-51.
  • Comperative effects of fructose, aspartame, glucose and water preloads on calorie and macronutrient intake. Am J Clin Nutr (1990) 51: 428–35
  • Aspartame ingestion with and without carbohydrate in phenylketonuric and normal subjects: effects on plasma concentration of aminoacids, glucose and insulin. Metabolism (1990) 39: 391–6
  • Einfluss von Süßstoff-Lösungen auf die Insulinsekretion und den Blutglucosespiegel. Ernährungs-Umschau (1993) 40: 152–6

  • Gewichtsreduktion mit saccharose- oder süßstoffhaltiger Reduktionskost? Ernährungs- Umschau (1995) 42: 430–7

Quellen, die zeigen, dass Süßstoff (Aspartam) in normalen Mengen das Krebsrisiko nicht erhöht bzw. keine anderen gesundheitlichen Risiken bietet:

Quellen, die allgemein die positive Eigenschaft von Süßstoff auf die Gewichtsreduzierung zeigen:

  • American Dietetic Association (ADA): Position of the american dietetic association: use of nutritive and nonnutritive sweeteners. Journal of the American Dietetic Association (2004) 104: 255–75
  • A review of the effectiveness of aspartame in helping with weight control. Nutrition Bulletin (2006) 31: 115–28
  • Low-calorie sweeteners and other sugar: a review of the safety issues. CRFSFS (2006) 5: 35–47
  • Intense Sweeteners and the Control of Appetite. Nutr Rev (1995) 53: 1–7
  • Effects of intense sweeteners on hunger, food intake, and body weight: a review. Am J Clin Nutr (1991) 53: 872–8
  • Effects of sugar intake on body weight: a review. Obesity Reviews (2003) 4: 91–9

Quellen

Mein besonderer Dank geht an die EU-Kommission, die mir freundlicherweise einige interne Unterlagen zur Verfügung gestellt hat.

Scientific Committee on Food (SCF) „Opinion of the Scientific Committee on Food: Update on the Safety of Aspartame“ vom 4. Dezember 2002

European Food Safety Authority (EFSA) „Opinion of the Scientific Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in contact with Food (AFC) on a request from the Commission related to a new long-term carcinogenicity study on aspartame“ vom 3. Mai 2006

Weihrauch et al „Künstliche Süßstoffe - Haben Sie ein kanzerogenes Potenzial?“ 2001 Medizinische Klinik

DellaValle, Roe, Rolls „Does the consumption of caloric and non-caloric beverages with a meal affect energy intake?“ 2005 Appetite

de la Hunty et al „A review of the effectiveness of aspartame in helping with weight control.“ 2006 Nutrition Bulletin

Ernährungs-Umschau „Süßungsmittel - ein Überblick“ Ausgabe 02/03 ab Seite 60 „Süßstoffe“ Ausgabe 02/05 ab Seite B 5

Bundesinstitut für Risikobewertung Stellungnahmen zum Thema Süßstoffe http://www.bfr.bund.de/cd/3862?index=83&index_id=5018

Ursula Schöffling „Arzneiformenlehre“ 4. völlig überarbeitete Auflage 2003 Deutscher Apothekerverlag Stuttgart

Lexikonredaktion des Verlags F.A. Brockhaus „Der Brockhaus Ernährung“ 3. vollständig überarbeitete Auflage 2008 F.A. Brockhaus Mannheim – Leipzig