Sauberes Essen - wir haben es alle schon millionenmal gehört. Wir sind alle schon einmal in Zeitschriften, Diät-Büchern und wahrscheinlich sogar im Fernsehen darauf gestoßen. Verdammt, es gibt sogar ein Magazin namens ‘Clean Eating’.

Ich habe kein Problem mit der Zeitschrift – die Rezepte sind wirklich gut und die Bilder machen mich oft hungrig. Ich habe aber ein Problem mit etwas anderem: Den negativen Assoziationen, die es in den Köpfen vieler Gesundheits- und Fitness- Enthusiasten, ja sogar Fachleuten hervorruft.

Für viele, die sich strikt an die Prinzipien des sauberen Essens halten, resultiert es in einer zerstörten Beziehung zur Nahrung; es beeinflusst sogar ihr soziales Leben. Für manche hat es noch weitaus schlimmere Konsequenzen. Eine Besessenheit zum sauberen Essen und dem Planen von Mahlzeiten kann die Ursache für eine spätere Dysfunktion in Bezug auf Nahrung sein.

Der Beginn einer Besessenheit

In den ersten Wochen meines ersten Collegejahres hatte ich das große Glück, eine tolle Gruppe von Menschen kennenzulernen. Der Großteil dieser war wie ich sportlich aktiv und hatte denselben Drang zum Wettbewerb.

Es stellte sich heraus, dass jedes Jahr ein kleiner Wettbewerb stattfand. Er war geheim und nicht kommerziell. Sie nannten ihn ‘best-body-competition’. Man fragte mich, ob ich daran teilnehmen möchte.

Die Teilnahmegebühr betrug 60$ und es gab zwanzig Teilnehmer. Die ersten Drei bekamen Preisgeld und ich nahm mir vor, einer von diesen Dreien zu werden.

Zum Zeitpunkt meiner Teilnahme war ich ziemlich pummelig. Ich war immer noch athletisch, da ich Krafttraining machte und Football spielte, aber ich wusste, dass ich wohl mehr als 15 Kilo zu verlieren hatte, um eine Chance zu haben.

Also, was hab ich getan? Ich tat was Jeder tun würde: Ich durchforstete das Internet und jede Zeitschrift nach Informationen über saubere Ernährung und das Abspecken. Meine deshalb schlaflosen Nächte waren erfolgreich, zumindest dachte ich das.

Drei Monate lang wendete ich all das an, was ich neu gelernt hatte. Ich aß sechs bis sieben kleine Mahlzeiten am Tag, von denen alle 30-40g Eiweiß, Ballaststoffe, gesunde Fette und eine Form sauberer Kohlenhydrate beinhalteten. Ich trainierte vier bis fünf Mal mit Gewichten und lief mehr als 30 Kilometer - jede Woche.

Wöchentlicher Ablauf:

  • Um sieben Uhr aufstehen um Cardio zu machen
  • direkt danach Frühstücken
  • Unterricht
  • Krafttraining

Ich glaube das Einzige, das mein Ausbrennen verhinderte, waren meine athletische Kondition und die schiere Menge an Nahrung die ich zu mir nahm.

Ich hatte einen unbegrenzten Essens-Pass für die Cafeteria, also begab ich mich dort zwischen den Unterrichtsstunden hin und aß etwas mageres Eiweiß und ein paar Früchte. Alle meine Mahlzeiten waren sauber, viel Eiklar (weil Cholesterin ja schlecht ist), brauner Reis, Haferflocken, körniger Frischkäse, gedampfter Brokkoli (keine Butter), gelegentlich einen Löffel Erdnussmus und trockene Hähnchenbrust. Währenddessen sah ich zu, wie meine Freunde fettige Nudeln, Rippchen und Eis aßen - sie waren aktiv wie ich und auch in einem körperlich sehr annehmbaren Zustand.

Obwohl ich nie Kalorien zählte (wovon ich bis zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hatte), schätze ich, dass es an den meisten Tagen zwischen 2500 und 3000 Kalorien waren. Manche Tage waren weit über 4000 Kalorien (unbeabsichtigte Fress-Cheat-Tage). Außerdem machte ich alles zu Fuß, trainierte zweimal täglich und ging zu allen sozialen Anlässen (stehend, tanzend, versuchend nicht wegzukippen).

Lange Rede kurzer Sinn, die Moral von der Geschichte: Ich verlor gut 15 – 20 Kilo, Fett und Muskelmasse, und wurde Zweiter. Es war auch das erste Mal in meinem Leben, dass ich meine Bauchmuskeln sah, wenn ich in den Spiegel schaute.

Ein Wort: BESESSENHEIT

Bevor wir darauf eingehen, durch was für eine Hölle ich ging, einigen wir uns darauf was sauberes Essen ist und wieso es keinen Sinn macht - egal von welchem Standpunkt aus

Sauberes Essen entlarvt

Obwohl es keine richtige Basis gibt, die besagt was sauber und unsauber ist, gibt es eine derartige Unterscheidung noch heute. Erlaubt mir euch zu sagen, wieso das Quatsch ist.

Ich habe keine Ahnung woher diese Konzepte stammen, aber ich halte sie für furchtbar.

Normalerweise sind saubere Lebensmittel ganz, unbearbeitet, und haben wenig Kalorien - unsauber wird dagegen mit vielen Kalorien, geschmackvoll und Zusatzstoffen wie Süßstoff oder Transfetten gleichgesetzt. Erlaubt sind diese fürchterlichen Nahrungsmittel natürlich nur selten.

Es ist allgemein bekannt, dass aus sauberem Essen Muskelwachstum und der Verlust von Körperfett resultieren, während eine Ernährung voll aus unsauberem Essen wenn überhaupt suboptimale Erfolge beschert. Wenn man sich aber die Makrokomposition der Nahrung anschaut die als unsauber bezeichnet wird, erkennt man die Sinnlosigkeit.

  • Nahrung: Pizza
  • Aussage Fitnessjunkie: Unsauber
  • Nahrung: Tomaten, Oliven, Käse, Zwiebeln, Fleisch
  • Aussage Fitnessjunkie: Sauber, Bruder !

  • Nahrung: Chinesisches Essen mit weißem Reis

  • Aussage Fitnessjunkie: Unsauber

  • Nahrung: Brauner Reis, Brokkoli, Asparagus, Hänchen

  • Aussage Fitnessjunkie: Sauber

Ich schätze ihr versteht, worauf ich hinaus will.

Nehmen wir zum Beispiel die Pizza. Ich liebe Pizza und liebe es noch mehr, mir Zuhause meine eigene zu machen. Ich esse jeden Tag dasselbe Essen, dies mit etwas Besonderem wie Pizza aufzupeppen ist immer etwas Tolles.

Die typischen Inhalte sind Teig, passierte Tomaten, Käse, Fleisch, Olivenöl, viel Gemüse und manchmal Früchte wie Ananas. Alleine werden diese Nahrungsmittel als sauber bezeichnet.

Kombinier sie miteinander zu einer leckeren Pizza und der Fitnessjunkie würde lieber sterben als sie zu essen.

Wir haben uns negative Assoziationen mit Essen das eine höhere Kaloriendichte hat angeeignet, zum Großteil wegen der Fast-Food-Art sie zuzubereiten (viel Öl und andere fettige Nahrungsmittel). In der Realität besteht aber kein Unterschied in der Makrokomposition.

Das belastet das soziale Leben vieler Leute - alles wegen dem Irrglauben, dass ein oder zwei Stücke Pizza ihren Bauchumfang explodieren lassen. Hühnchen und Reis mit derselben Anzahl an Kalorien würden das natürlich nicht.

Schauen wir uns an wie dieser Mythos mich ins Verderben führte.

Wie ein Hobby Schaden anrichtet

Nachdem der Wettbewerb beendet war, haben wir uns in ein Restaurant gesetzt. Ich bestellte mir die fettigste Platte mit Eiern, Speck, Würstchen, Pfannkuchen, Waffeln und Käsestückchen die man sich vorstellen kann. Es hätte Adam Richman (Man vs. Food, DMAX) stolz gemacht. Hätte ich das Geld, wäre die ganze Karte von mir verspeist worden.

Nach langen Perioden des sauberen Essens ist es normal, eine Cheatmahlzeit zu haben. Meine war episch. Das schlechte Gewissen ein paar Tage später war mehr als ich ertragen konnte - nachdem ich sah, wie mein Sixpack dank der Menge an Nahrung und Natrium verschwand, war ich schockiert. Es war traumatisierend mitzuerleben, wie all meine harte Arbeit verschwand. Ich wusste nicht, dass es bloß das gebundene Wasser war und ich ein paar Tage später wieder normal aussehen würde.

Wenn mir heutzutage so etwas passiert ist es egal, denn ich weiß, dass das Wasser in ein paar Tagen raus sein wird und ich wieder sexy bin. Damals war mir das aber nicht klar.

Hier begann der Teufelskreis. Alles dank des sauberen Essens.

Zu dem damaligen Zeitpunkt wäre das einzig Kluge gewesen, weniger Cardio zu machen, im Krafttraining für ein paar Wochen einen Gang runterzuschalten und mir eine verdiente Auszeit zu nehmen. Aber das tat ich nicht.

Ich glaubte an die ‚ganz oder gar nicht‘-Herangehensweise, also beließ ich alles beim Alten. Aber dieses Mal war mit mehr Hingabe als je zuvor. Ich fing sogar an, meine Mahlzeiten in Protein/Kohlenhydrate und Protein/Fett zu unterteilen - aus Angst, Fett anzusetzen.

Was heißt das genau?

Ich war der Einzige, der bei Treffen mit Freunden keine Pizza aß. Ich war der Einzige, der Burger ohne Brötchen zubereitete, wenn wir Sonntagabends zusammen kochten. Auch war ich der Einzige, der nackte Hähnchenbrust mit Wasser bestellte, während meine Kumpels in der Bar Chicken Wings und Bier genossen.

Alles wegen meiner Besessenheit zu sauberem Essen, ein Mythos der jetzt gerade in den Köpfen vieler Fitness Enthusiasten spukt.

Irgendjemand macht sich gerade darüber sorgen, ob er zerlaufenen Käse über sein Hühnchen und Reis machen kann. Kein Witz !

Dies ging noch einige Zeit so weiter. Ich machte keine Fortschritte und hatte genug davon festzuhängen. Glücklicherweise fand ich einen Trainer, der mich auf den richtigen Weg brachte.

Die Wahrheit ist, Menschen wie ich und viele andere kennen beide Seiten. Es gab Zeiten in denen ich nur zuckerhaltige Cornflakes und weißes Brot als Quelle für Kohlenhydrate aß, ohne dass mir etwas passierte. Nichts. Ich wurde nicht auf magische Weise fett oder verlor Muskelmasse. Die einzige Veränderung, die ich wahrnahm, war ein etwas größerer Hunger, weil diese Nahrungsmittel nur sehr wenige Ballaststoffe enthalten.

Also, ja. Ich weiß wie es ist, mit einem Irrglauben verheiratet zu sein. Ich weiß auch wie es ist, diesem zu entkommen. Das Gras ist hier übrigens wirklich grüner.

Sauberes Essen und Cheatmahlzeiten – lass dich nicht in den Bann ziehen

Das letzte Konzept über das ich reden möchte ist die Sache mit den Cheatmahlzeiten. Als homo sapiens sind wir programmiert, Dinge zu tun, die wir nicht dürfen. Es ist das rebellische Gen und wir haben es alle.

Aber Cheatmahlzeiten sind langweilig und wenn du darüber nachdenkst - was bringen sie dir?

Die meisten Cheatmahlzeiten bestehen von Natur aus aus einem Berg von Kalorien, von welchen du dich für Wochen, sogar Monate entsagt hattest. Auf lange Sicht bringt es dir nichts. Der Grund ist, dass für viele die Tage nach der Cheatmahlzeit (welches manchmal in eine Fressmahlzeit ausartet) aus exzessivem Training und streichen von Nahrung bestehen. Nach ein paar Tagen der Abstinenz hast du wieder das Verlangen nach einer Cheatmahlzeit. Ich bin mir sicher du verstehst wohin das führt.

Idealerweise verwirfst du die Idee des sauberen Essens und siehst Nahrung als Energie und sonst nichts an. Sprich mir laut nach:

‘Nahrung ist weder sauber noch unsauber, sondern nur Energie, die mein Körper ‘zum Funktionieren und Überleben braucht.

Das wars. Wenn du von diesem Standpunkt aus betrachtest, gibt es keinen Grund, nicht ein paar Mal in der Woche einen Keks als Nachtisch zu essen. Auf diese Art und Weise eliminierst du auch das Verlangen nach einer großen Cheatmahlzeit und du beweist dir selbst, dass sauberes Essen nichts als großer Quatsch ist.

Jetzt bist du dran. Was denkst du?