„Steroide? Sind das nicht Drogen, die einem in kürzester Zeit riesen Muskeln „wachsen lassen, impotent, blöd und aggressiv machen?“

Schauen wir uns diese brisante Thematik einmal nüchtern an:

Im Folgenden werde ich Hauptsächlich auf Anabole Androgene Steroide eingehen, weil diese im Bereich des Bodybuildings und Kraftsportes die potentesten und weit Verbreitesten Vertreter leistungssteigernder Substanzen sind.

Ich werde weder das komplette Wirkungs- noch das komplette Nebenwirkungsspektrum beleuchten, das würde langweilen und den Umfang maßlos sprengen, außerdem ist das nicht Ziel dieses Artikels. Ich gebe im Folgenden einen kurzen und prägnanten Überblick, damit sich jeder selbst eine Meinung bilden kann.

Was sind Steroide im Stande zu leisten und was kann ohne erreicht werden?

Sehr vereinfacht gesagt:

Im Körper laufen ständig anabole und katabole Prozesse ab. Überwiegen die anabolen Prozesse, baut man Muskelmasse auf, überwiegen die katabolen, baut man ab. Wenn man durch konventionelle Mittel nicht mehr in der Lage ist auf zu bauen, sprich anabole und katabole Prozesse im Gleichgewicht sind, hat man einen Status Quo erreicht, den man als Genetisches Limit bezeichnen kann.

Wo dieses Limit liegt, ist individuell verschieden und lässt sich nur grob schätzen. Eine populäre Formel wäre Körpergröße in cm minus 80-90 ergibt in Kilo die Masse, die ein Athlet mit niedrigem Körperfettanteil erreichen kann. Das ganze ließe sich noch mit einigen Parametern ergänzen und präzisieren aber das macht keinen Sinn, weil sich das erstens nicht genau und schon gar nicht pauschal ausrechnen lässt und weil es zweitens reicht um zu Illustrieren was möglich ist und was nicht. Dieses Limit lässt sich auch auf die Leistungsfähigkeit in sportlichen Dingen übertragen.

Will man über diese Grenze hinaus, muss man zu Mitteln greifen, die das Verhältnis anabol/katabol wieder zum positiven verändern. Steroide sind dazu in der Lage, sie greifen fast in jeden relevanten Parameter des Sportlers ein. Sie erhöhen die Proteinsynthese, die Kraft, die Belastbarkeit, die Erholungsgeschwindigkeit der Muskeln und des Zentralen Nervensystem, sie machen größer, schneller, breiter…

Nach dem Absetzen einer Steroidkur laufen im Körper katabole Prozesse ab, bis sie sich auf das Niveau in der Zeit vor der Kur eingependelt haben. Das erklärt warum man nach einer Kur einen Teil der gewonnen Masse verliert und warum es ohne zusätzliche Medikamente nicht Möglich ist, Masse langfristig zu halten, die über dem genetischen Limit liegt.

Die andere Seite der Medaille…

Nebenwirkungen, die einen Sportler direkt ins Krankenhaus befördern, kommen eigentlich nur bei grober Fahrlässigkeit, genetischer Prädisposition oder starker Überdosis vor. Meistens handelt es sich zwar um unangenehme aber reversible Störungen z.B. verstärkte Akne, Körperhaarwuchs usw.

Die weit gefährlicheren, weil unterschätzten, sind die Nebenwirkungen, die sich nicht spürbar oder sichtbar bemerkbar machen. Hier wären vor allem Schäden am Kardio-Vaskulären System zu nennen. Bluthochdruck und schlechte Blutfettwerte sind Kurzfristig zwar gut tolerierbar, haben auf Dauer aber massive negative Folgen. Letztgenannte Nebenwirkungen sind wahrscheinlich die Hauptursache für den verfrühten Tod zahlreicher Profisportler und Hobbyathleten.

Die Frage wie stark man selbst von Nebenwirkungen getroffen wird, ist abhängig vom verwendeten Steroid, der Dosierung, der Dauer, nicht zuletzt der genetischen Veranlagung und anderer Parameter. Dennoch: auch bei bekannten Steroiden, die seit Jahrzehnten erfolgreich in der Medizin (wohlgemerkt mit meist weit geringen Dosierungen) eingesetzt werden, bleibt ein Restrisiko bestehen irreversible Schäden davon zu tragen.

Dopen, das mach nur die bösen… oder?

Wenn man sich die Fakten vor Augen führt und sich den Leistungs- und Erfolgsdruck der Athleten anschaut, kann man sich überlegen wie weit verbreitet Doping heut zu Tage ist.

Wer die Rechnung zum genetischen Limit in seinem Kopf durch spielt, wird zu der Erkenntnis kommen, dass ein Großteil seiner Actionhelden aus der Kindheit, ein Großteil der Werbeträger für Sportgeräte und Nahrungsergänzungsmittel und ausnahmslos jeder auf internationalen Profibodybuildingbühnen Leistungssteigernde Substanzen verwendet haben muss oder noch heute verwendet.

Man darf sich aber nicht der Illusion hin geben, Steroide nehmen zu können um Fehler im Training, der Ernährung oder anderen Bereichen des Lebens ausgleichen zu können. Wer ohne Steroide keine Erfolge verzeichnet, wird auch mit ihnen nicht die gewünschte Wirkung erfahren. Der Stoffkonsum eines Athleten lässt sich also nicht an seinem Bizepsumfang erkennen.

Jeder, der im Sport internationale Erfolge feiert, ist ein Ausnahmetalent was Genetik und Disziplin angeht, daher sollte die Leistung auch gewürdigt und nicht mit dem Argument des Einsatzes verbotener Substanzen herunter gespielt werden.

Ist Dopingfreier Sport überhaupt Möglich?

Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten aber dieses Ideal steht vor zahlreichen Hindernissen:

Die augenscheinlichsten Probleme sind erst einmal technischer und finanzieller Natur. Athleten, Sportärzte und Dopingfahnder liefern sich ein ständiges Katz und Maus Spiel um den zeitlichen Einsatz, die Verschleierung und den Nachweis diverser und immer neuer Dopingmittel. Kritische Zungen behaupten gar, dass der eigentliche Wettkampf nicht im olympischen Stadion, sondern in den Dopinglaboren der Dealer und Apotheker entschieden wird. Einige Substanzen lassen sich nur wenige Tage, andere nur wenige Stunden nach weisen und wiederrum andere schlüpfen komplett durch das Raster der Fahnder.

Unangekündigte und breite Dopingkontrollen erfordern viel Geld, das besonders in Randsportarten fehlt und so wird häufig gar nicht oder nur auf symbolischer Ebene getestet.

Außerdem muss man sich die Frage stellen, wer überhaupt ein Interesse daran hat, verbotene Substanzen komplett aus dem Sport zu verbannen. Athleten haben zwischen Wettkämpfen oft nur wenig Zeit, müssen sich nach Verletzungen schnell erholen und stehen unter enormen Erfolgs- und Leistungsdruck. Zuschauer und Sponsoren wollen hingegen ständig neue Rekorde sehen.

Die Veranstalter des sportlichen Wettbewerbes wollen Skandale vermeiden und den Ruf nicht riskieren.

Nicht selten wird hier auf breiter Front eine Doppelmoral gefahren.

Die Blaue oder die Rote Pille? Oder doch lieber keine?

Im Endeffekt bleibt es jedem Sportler selbst überlassen, für mehr Ruhm, Leistung oder Aussehen zu Hilfsmitteln zu greifen. Man muss von mündigen Bürgern aus gehen, die in der Lage sind, die Folgen ihres Handelns ab zu schätzen und rational entscheiden zu können.

Um diese Entscheidung fällen zu können, sollte man sich im Vorfeld sehr gut informieren. Schauen wir uns die potentiellen Informationsquellen an:

Schaltet man die Massenmedien an, bekommt man schnell das Gefühl, Steroide würden einen in kürzester Zeit vor den Rand des körperlichen und psychischen Ruins bringen. Es gibt Themen in der breiten Gesellschaft, die dürfen nicht kontrovers dargestellt werden. Doping gehört definitiv dazu. Ohne zu übertreiben, kann man behaupten, dass ein Großteil der Berichterstattung über solche Themen einem überzogenen Populismus folgt, der auch nicht davor zurück schreckt, Tatsachen zu verzerren, zu verfälschen und in einem denkbar schlechten Licht, dem Licht, dass erwünscht ist, dar zu stellen. Von Qualitätsjounalismus ist diese Art der Berichterstattung meilenweit entfernt- Finger weg.

Im persönlichen Umfeld stellt sich die Sache oft anders dar. Da gibt es den Dealer mit einem persönlichen Interesse am Verkauf, den alten Trainer, der Dopingweisheiten der letzten Jahrzehnte runter betet und den Freundes und Bekanntenkreis, der nicht selten erst genannte Gruppen als Informationsquellen hat. Im Internet sieht die Lage ähnlich, wenn auch nicht ganz so, trostlos aus:

Hier tummelt sich eine Menge an gefährlichem Halbwissen, das sich wie ein Flächenbrand von Forum zu Forum verbreitet ohne Hinterfragt zu werden. Und auch Semi-professionelle Artikel bekannt gewordener Internet-Gurus sind nicht selten gespickt mit faktischen Fehlern.

Im Grunde wären wissenschaftliche Untersuchungen die beste und auch objektivste Quelle der Erkenntnis. Aber auch hier stehen wir vor einigen Problemen. Während es für einige Vertreter Anaboler Androgener Substanzen wie etwa Testosteron oder Oxandrolon zahlreiche Studien gibt (was sie nicht automatisch ungefährlich macht), sind andere Steroide niemals in der Humanmedizin aufgetaucht, weil sie Beispielsweise für die Tiermast oder von gewieften Dopinglaboren entwickelt wurden. Hier muss man klar sagen, dass man sich auf einem unbekannten Terrain bewegt, was Nebenwirkungen oder gar Langzeitwirkungen anbelangt. Auch kann man sich nie sicher über den Inhalt auf dem Schwarzmarkt erworbener Anabolika sein. Die Gewinnmargen sind hoch und somit der Anreiz für illegale Untergrundlabore und Dealer hoch, unter hygienisch katastrophalen Bedingungen zu arbeiten und Substanzen auf den Markt zu bringen, die keiner Kontrolle –weder im Inhalt noch in der Dosierung- stand halten würden.

Wenn man sich dazu entscheidet einen Arzt an seine Seite zu holen, was unbedingt an zu raten ist, muss man auf ein wenig Glück bzw. einen Tipp aus dem Umkreis hoffen um an einen zu geraten, der sich mit dem Thema adäquat aus kennt. Aber auch unabhängig davon, kann jeder Hausarzt regelmäßige Untersuchungen durchführen, die sicher stellen die wichtigsten Werte im Blick zu haben. Wenn man anfängt Herz oder Leber zu spüren, ist es meist schon zu spät.

Fassen wir noch einmal zusammen:

Steroide sind Wirkungsvolle Substanzen, wenn es um mehr Erfolg im Sport geht, sie ersetzen aber weder das Training noch die richtig Ernährung, sie können lediglich unterstützen und ihr Potential nur auf einer soliden Basis richtig entfalten.

Ebenfalls ist es möglich die Nebenwirkungen mit genug Fachwissen und vor allem Respekt vor seinem Körper zu minimieren aber über eines sollte man sich auch im klaren sein: das Schwert des Damokles wird man nach diesem Schritt nicht mehr so schnell los.

Körperliche Veränderungen durch exogen zugeführtes Testosteron:

The Effects of Supraphysiologic Doses of Testosterone on Muscle Size and Strength in Normal Men

Nebenwirkungen:

Are the cardiac effects of anabolic steroid abuse in strength athletes reversible?

Anabolic steroid abuse: Psychiatric and physical costs (full text)

Anabole Steroide unter besonderer Berücksichtigung des kardiovaskulären Systems (kompletter Text)

Sonstiges:

Informationen zur Dopinganalytik