Nach dem Artikel Lean, sexy and hard - Krafttraining für Frauen, ein Interview mit einer Forenuserin, die sich schon ein paar Jahre mit dem Kraftsport beschäftigt.

Steckbrief:

  • Alter: 36 Jahre
  • Größe: 1,56m
  • Gewicht: aktuell 76kg
  • Trainingserfahrung: 2 Jahre
  • aktuelle Trainingsgewichte: BD - 70kg, KB - 90kg, KH - 80kg

Swivige: So WomanorMachine, wir sind hier zusammengekommen, um deine sportliche Reise über die Jahre niederzuschreiben und vielleicht auch andere Frauen auf diese Form des Sports aufmerksam zu machen.

Ich habe einen schönen Artikel zu diesem Thema übersetzt. Was sagst du zu diesem?

WoM: Netter Artikel - hoffentlich hilft er, gängige Klischees zu beseitigen und zu zeigen, dass Kraftsport kein geschlechtsspezifischer Sport ist. Frauen sollten weg von Beine-Bauch-Po-Gymnastik und ran an die Hanteln.

Swivige: Bevor ich nun frage, wie du zu dieser eher untypischen Überzeugung kommst, würde ich gerne etwas mehr über dich als wirkliche Person erfahren. Was für ein Bild sollte der Leser über dich haben?

WoM: Ich bin grundsätzlich nicht der schmale, zierliche Typ und hatte eigentlich schon immer Probleme mit Übergewicht. Dieses hielt sich aber einigermaßen in Grenzen. Als ich dann heiratete und eine Familie gründete, nahm ich durch die Schwangerschaften erneut zu. Resultat nach drei Kindern: 105kg bei einer Größe von 1,56m und ein KFA von über 50%.

Ich konnte keine Treppe steigen, ohne außer Atem zu kommen und fühlte mich unbeweglich und fett. Trotzdem war der richtige Moment noch nicht gekommen, wo es im Kopf “klick” macht und man selbst bereit ist, etwas zu ändern.

Swivige: Ich weiß aber aus deinem Log, dass du jetzt ein grundlegend anderes Bild abgibst.

Wie bist du dorthin gekommen? Und bitte erfreue unsere geneigten Leser und Leserinnen auch mit Details!

WoM: Ausschlaggebend für eine Veränderung war dann die eher beiläufige Aussage meines fünfjährigen Sohnes, der meinte, ich wäre ja richtig dick. Da mochte ich dann nicht mehr so weitermachen und habe erstmal angefangen, meine Ernährung umzustellen. Ich habe mich bei Weight Watchers angemeldet und habe so die ersten Erfolge beim Abnehmen gemacht. Sportlich habe ich in dieser Zeit ab und zu auf dem Crosstrainer trainiert, mehr nicht.

Dann veränderte sich privat vieles, wir haben ein Haus gebaut und sind umgezogen. Beim Umzug kam dann auch das Hantel-Equipment meines Mannes zum Vorschein, was bis dahin im Keller vor sich hin gestaubt hatte. Er hatte sich das mal gekauft, aber nie ernsthaft damit trainiert.

Nun stand das da und ich dachte mir - och, warum nicht Crosstrainer mit Hanteltraining kombinieren? Da ich keine Ahnung hatte, wie man ein gescheites Hanteltraining aufbaut, habe ich im Internet gesucht. Und bin recht schnell auf die Seite eines Mannes gestoßen, der sich selbst “Man or Machine” nennt (daher auch mein Nickname WomanOrMachine …).

Da war einiges an Trainingsplänen zu finden und danach habe ich die ersten Wochen trainiert. Da ich aber viele Fragen hatte, lag es nahe, sich in einem Forum mit entsprechender Thematik anzumelden - was ich auch tat. Dort wurde allerdings mein ursprünglicher Trainingsplan verrissen - und ich stieg auf einen Ganzkörperplan um und ernsthaft ins Krafttraining ein.

Swivige: Was sagst du zu den ganzen Vorurteilen, die es über Krafttraining für Frauen gibt?

WoM:Welche Vorurteile meinst du?

Swivige: Na nehmen wir mal das gängigste aller Vorurteile bei Trainingsanfängerinnen.

Die Frauen, die mit freien Gewichten trainieren, sehen aus wie “diese” Bodybuilderinnen. Es sind dann meist die Frauen der “Physics”-Kasse gemeint.

Dann noch ein verbreitetes Vorurteil. Frauen können keine schweren Gewichte heben. Frauen müssen eher mit vielen Wiederholungen trainieren und wenig Gewicht benutzen.

WoM:Erstmal zum zweiten Vorurteil: Frauen können genauso gut oder schlecht schwere Gewichte bewegen wie Männer. Natürlich sind physisch bestimmte Grenzen gesetzt. Das Training selbst gestaltet sich aber grundsätzlich gleich. Es gibt keine Männer- oder Frauentrainingspläne - Unterschiede im Training werden nur im Hinblick auf die Zielsetzung des Trainierenden gemacht, so unterscheiden sich Pläne zum Kraftausdauertraining erheblich von den Plänen zum Maximalkrafttraining.

Was das andere Vorurteil betrifft - die meisten Menschen, die noch nie damit in Berührung gekommen sind, denken bei Bodybuilding gleich an Muskelmonster, Steroide und Frauen, die wie geschminkte Männer aussehen. Leider sind das Klischees, die sich in den Köpfen festgesetzt haben und nur schwer korrigiert werden können. Noch dazu kommt, dass viele einfach die Trainingszeit, die hinter “riesigen Muskelbergen” steht, unterschätzen - es wird vielfach angenommen, ein paar Monate Training würden ausreichen, um solche Muskelmassen aufzubauen. Dass gerade im Profibereich jahrelanges Training dahintersteckt, wird gerne übersehen bzw. gar nicht hinterfragt.

Swivige: Das Schönste was ich mal gehöhrt habe … “Sag mal pumpst du deine Muskeln mit einer Luftpumpe auf …?!” Was sagt dein Sohn jetzt zu dir?

WoM: g

Neulich war ich in der Schule, um ihn abzuholen. Sein bester Freund kam zu mir und meinte “Darf ich mal deinen Arm anfassen? Dein Sohn sagt, dass du so stark bist.” …

Swivige: Süß …

Wie lange ist die Zeit jetzt her, als du noch über 50% KFA hattest?

WoM: Das mit 50% KFA war im Mai 2008.

Swivige: Was hat sich seit dem an deiner Ernährung geändert?

WoM: Wie gesagt kam zuerst der Umstieg auf Weight Watchers und das entsprechende Ernährungskonzept. Nachdem ich dann ernsthaft mit dem Training angefangen habe, habe ich mir anhand des Rechners der Uni Hohenheim meinen täglichen Nährwertbedarf ausgerechnet und kam auf einen Bedarf von ca. 2400 kcal/Tag. Da ich abnehmen wollte, habe ich also einen Plan erstellt, mit dem ich mich im Kalorien-Defizit bewege. Ich komme so auf täglich 1800 kcal. EW- und KH-Werte berechne ich nicht.

Swivige: Hast du ein besonderes Konzept zur Verteilung über den Tag genutzt und nenn uns doch mal einen Beispieltag, wie du dich ernährst.

Gibt ja auch das schöne Klischee, dass Bodybuilder sich nur von Pute und Reis “mit ohne Alles” ernähren …

WoM: lach - Pute und Reis geht bei mir schon deshalb nicht, weil noch drei Kinder mit am Tisch sitzen und auch satt werden wollen. Mein Beispieltag sieht so aus:

  • 7.00 Uhr: 250gr. MQ, Süßstoff, 30gr. Biomüsli
  • 9.00 Uhr: Kaffee mit Süßstoff und Milch
  • 10.00 Uhr: 1 Banane
  • 11.00 Uhr: 1 Light-Müsliriegel
  • 12.30 Uhr: Mittagessen - das, was auf den Tisch kommt (z.B. Spaghetti Bolognese mit Salat und frischem Weißbrot; gegrilltes Hähnchen mit Pommes und Salat; Reis mit Lammgulasch etc.pp.)
  • 15.00 Uhr: 2 verschiedene Obstarten mit Nüssen (jahreszeitbedingt, aktuell: 1 Orange und 1 Banane mit einer Handvoll Walnüssen)
  • 18.00 Uhr: 250ml. Milch, 1 TL Backkakao, Süßstoff

Das wäre ein Beispieltag. Davon weiche ich nur samstags ab, da ist mein diätfreier Tag, an dem ich esse, was ich möchte.

Swivige: Ist ja eher untypisch zum Klischee.

Wie hat sich dein Training über die Zeit entwickelt und wann hast du begonnen.

Kannst du vielleicht auch erwähnen, mit welchen Gewichten du angefangen hast und in welchen Zeitabständen sich Steigerungen eigestellt haben.

WoM: Ja, ganz einfach: Habe bei sämtlichen Übungen ohne Gewichte angefangen, d.h. nur mit den reinen Hantelstangen. Gesteigert habe ich immer dann, wenn ich im Ziel-Wiederholungsbereich lag, Zeitabstände kann ich leider nicht konkret benennen.

Swivige: Wie hat sich dein Trainingssystem verändert? Was hast du schon alles ausprobiert und was gefällt dir am meisten?

WoM: Am Anfang habe ich mit einem GKP (drei Trainingstage pro Woche) trainiert. Das hat sich über ca. 8 Monate erstreckt. Danach Umstieg auf einen klassischen 2er-Split (ebenfalls drei Trainingstage pro Woche). Das habe ich dann ca. 6 Monate gemacht. GKP und 2er-Split habe ich mit Cardio kombiniert, so dass ich immer auf drei Kraft-Einheiten und zwei Cardioeinheiten pro Woche kam. Danach bin ich auf einen 4er-Split umgestiegen (vier Trainingstage pro Woche), allerdings nur für 8 Wochen. Danach habe ich einen alternierenden 2er-Split begonnen. Hiernach trainiere ich nun im dritten Monat und habe erst mal nicht vor, das System zu ändern. Ich trainiere mittlerweile sechs Tage pro Woche. Seit dem Umstieg auf den 4er-Split mache ich keine Cardioeinheiten mehr.

Swivige: Welche Übungen verwendest du?

WoM: Ich verwende ausschließlich Freihantelübungen, da ich im Homegym trainiere und keine Maschinen zur Verfügung habe. Beispielhaft wären hier Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken, Schulterdrücken, Klimmzüge, Curls und Seitheben zu nennen.

Swivige: Kannst du uns bitte von deinem letzten Traing berichten, bitte auch mit deinen Kraftleistungen.

WoM: Letzte TE war gestern: Bizeps - Lat - Beine

Aufwärmen:

  • 10x30kg KB im Supersatz mit
  • 10x30kg LH-Rudern
  • drei Sätze

Scott-Curls

  • 4 kg: 5x
  • 7 kg: 12x - 12x - 12x
  • 6 kg: 15x

Hammercurls

  • 9 kg: 12x - 11x

KH-Rudern

  • 20 kg: 12x - 10x
  • 19 kg: 12x

FKB

  • 20 kg: 10x
  • 30 kg: 5x
  • 40 kg: 3x
  • 65 kg: 10x - 10x - 10x

Gestrecktes KH

  • 40 kg: 8x - 8x - 8x

Swivige: Sehr gute Werte! Würdest du in einem Studio trainieren, hättest du bestimmt schon eine Fangemeinde …

Apropos Fangemeinde …

Wie reagiert dein Umfeld auf deine Veränderung. Dürfte ja mehr Leuten aufgefallen sein als dem kleinen Jungen?

WoM: Ja, natürlich ist das den Leuten aufgefallen. Die Reaktionen sind eigentlich durchweg positiv. Nur meine Mutter behauptet nach wie vor, dass man sich mit Kraftsport den Rücken kaputt macht. Ansonsten kriege ich viele Komplimente, dass ich mich so verändert habe.

Swivige: Wie hat sich dein Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen in dieser Zeit verändert?

WoM: Hmmmm, schwer zu sagen - ich hatte eigentlich auch in meiner Übergewichtszeit ausreichend Selbstbewusstsein. Von daher hat sich da nicht viel geändert. Was sich geändert hat, ist die eigene Wahrnehmung - man denkt, in die Hose passt man nicht rein und dann passt sie aber doch. Da muss man im Kopf halt erstmal umschalten.

Swivige: Was für Pläne hast du für die Zukunft?

WoM: Keine WK-Pläne … zwinker

Gesund bleiben, weiter trainieren & gigantische Muskelberge aufbauen - das würde schon reichen. lach

Swivige: Ich würde eher sagen, dass wenn du weiter so strikt dabei bleibst, du irgendwann zur schlanken Gazelle mit dicken Oberschenkeln wirst.

Hast du noch irgendwas, was du unserer Leserschaft mitteilen möchtest, bevor wir das Inteview abschließen?

WoM: Nein. Ich bin froh, dass ich das Bodybuilding für mich entdeckt habe - der Sport hat mich körperlich und mental unheimlich weit gebracht.

Swivige: Ich danke dir herzlich für dieses Interview und freue mich darauf weiterhin von dir zu lesen!