I. Allgemeines

Über einige Aspekte des Krafttrainings für Frauen wurde schon an anderer Stelle gesprochen, siehe LINK.

Es wurde bereits gezeigt, dass Krafttraining zur Reduzierung des Körperfettanteils und zur Zunahme der fettfreien Körpermasse führt, was letztendlich zu einem gesteigerten Stoffwechselumsatz beiträgt.

Da die physiologischen Reaktionen bei Männern und Frauen ähnlich sind, sollten Männer und Frauen mit den gleichen Programmen trainieren, doch sind bei der Gestaltung des Krafttrainings grundlegende physiologische Unterschiede und Gegensätze zu beachten:

II. Physiologische Aspekte in Bezug auf das Krafttraining bei Männern und Frauen

Das Skelett einer Frau ist in der Regel kleiner und weicher als das eines Mannes, ebenso weichen die Proportionen des Knochenbaus voneinander ab. Typischerweise haben Frauen weniger Muskelmasse und mehr Körperfett.

Frauen verfügen über weniger und kleinere Muskelfasern als Männer. Gleich ist lediglich die Muskelfasertypverteilung.

Diese Unterschiede schlagen sich vor allem in einer unterschiedlichen Absolutkraft nieder: Die mittlere Gesamtkörperkraft einer durchschnittlichen Frau beträgt ca. 60% der mittleren Gesamtkörperkraft eines durchschnittlichen Mannes.

Am deutlichsten macht sich dies im Bereich des Oberkörpers bemerkbar – hier beträgt die durchschnittliche Gesamtkraft einer Frau lediglich 25-55% der durchschnittlichen Gesamtkraft eines Mannes. In den unteren Extremitäten entspricht die relative Kraft von Frauen in etwa der der Männer.

Der Grund für diese physiologischen Unterschiede ist im Testosteron zu suchen. Zwar ist dieses auch im weiblichen Stoffwechsel nachweisbar, jedoch in 10-20fach geringerer Konzentration als im männlichen Stoffwechsel.

Hohe Testosteron- und Wachstumshormonwerte produzieren bei Männern größere Muskelmasse, was einen höheren Mindestbedarf an Energie für den Zellstoffwechsel bedeutet. Daher können Männer verhältnismäßig mehr essen als Frauen.

Das in hohen Mengen vorhandene Östrogen sorgt bei Frauen für einen erhöhten Aufbau von Fettreserven. Ein erhöhter Fettanteil liegt daher in der Natur der weiblichen Physiologie. Ab einem Alter von 20 Jahren neigen Frauen dazu, im Rahmen des normalen Alterungsprozesses pro Jahr 500gr. Muskeln abzubauen und 1-2kg Fett zuzulegen.

III. Besonderheiten in Bezug auf einzelne Muskelgruppen

a) Brust

Die weibliche Brust besteht größtenteils aus Fettgewebe, das in erster Linie vom Brustmuskel gestützt wird.

Es ist nicht möglich, die Brust durch Krafttraining zu stärken, zu festigen oder zu vergrößern, da sie KEINE Muskelfasern enthält. Brustbezogenes Krafttraining kann allenthalben die stützende Muskulatur aufbauen.

Da der Brustmuskel unter der Brust liegt, kann ein darauf abzielendes Training die Größe der Brust zwar minimal beeinflussen, nicht aber z.B. die Körbchengröße ändern. Nur eine ernährungsbedingte Fettreduktion könnte eine Verkleinerung der Brust nach sich ziehen, da der Körper insgesamt Fett abbaut.

b) Beine

Das Risiko ernster Knieverletzungen ist bei Frauen im Durchschnitt 4-6x höher als bei Männern. Bedingt wird das durch mehrere Faktoren:

  • Frauen neigen stärker dazu, eine Übung mit X-Beinen zu beginnen;
  • Frauen haben weitere Becken, was sich direkt auf den Winkel zwischen Oberschenkel und Kniegelenk auswirkt und für eine Instabilität beim Training sorgt;
  • Frauen haben weichere Bänder und Sehnen, was durch hormonelle Schwankungen (Eisprung, Schwangerschaft) verursacht wird.

Da das weibliche Becken stärker nach vorne geneigt ist als das männliche Becken, kommt es bei Übungen, die auf die Beinmuskulatur zielen, zu einer stärkeren Lordose. Dies sollte man bei der Ausführung der Übungen im Hinterkopf behalten.

c) Arme

Viele Frauen befürchten, dass Training für die Arme – wie bei Männern – zu unattraktiven Armmuskeln führt. Aufgrund der oben gezeigten grundlegenden Unterschiede des männlichen und weiblichen Hormonhaushaltes ist das aber unwahrscheinlich. Die potenzielle Hypertrophie für den weiblichen Arm ist u.a. durch die begrenzten Mengen an Testosteron und Wachstumshormonen begrenzt.

Bei Frauen findet sich im Oberarm hinter dem Trizepsmuskel ein Fettdepot. Dieses wird aber nur dann größer, wenn der Fettanteil insgesamt im Körper zunimmt. Bei wenig Bewegung neigt dieses Fettdepot auch dazu, sich nach den Wechseljahren zu vergrößern.

IV. Krafttraining während der Schwangerschaft

Vorurteil Nummer 1: Das Training mit schweren Gewichten stellt in der Schwangerschaft eine Gefahr für das ungeborene Baby dar.

Tatsächlich beinhaltet das Training mit schweren Gewichten weniger ein Verletzungsrisiko für das Baby, als vielmehr für die Mutter. Während der Schwangerschaft werden die Gelenk- und Kapselbänder hormonbedingt (hier vor allem durch Relaxin) weicher und Gelenke dementsprechend weniger stabil. Damit nimmt das Verletzungsrisiko zu.

Frauen sollten daher während der Schwangerschaft kein neues oder aggressiveres Krafttraining beginnen. Das gewohnte Training kann aber beibehalten werden, solange die Übungen keine Probleme oder Beschwerden verursachen.

Extrembelastungen und Maximal-Versuche sollten vermieden werden. Übungen, die aufgrund des zunehmenden Bauchumfangs schwierig bzw. unmöglich werden, sollten nicht erzwungen werden.

Eine Ausnahme zum oben Gesagten bildet das Bauchmuskeltraining.

V. Bauchmuskeltraining während der Schwangerschaft

Die meisten Bauchmuskelübungen sind während und unmittelbar nach der Schwangerschaft als ungeeignet einzuordnen, da sie viel zu viel Druck im Abdomen erzeugen und darüber hinaus auch den Rücken belasten.

Es sind daher andere Übungen vorzuziehen.

Beispielhaft ist hierfür die Übungsserie von Dr. Shirley Sahrmann (Washington University, St. Louis) zu nennen, Physiotherapeutin und Spezialistin für Abdominalrehabilitation.

a) Startposition: Abdominale Kontraktion

Rückenlage, Knie und Hüfte sind gebeugt, die Füße liegen hüftbreit auseinander flach am Boden auf. Die Arme liegen entspannt neben dem Körper. Der Rücken ist gerade. Der Bauchnabel wird nun in Richtung Wirbelsäule gezogen, ohne diese zu bewegen. Während der Kontraktion ist auf entspannte Atmung zu achten.

b) Zurückgleiten mit den Beinen

In der Startposition bleiben; ein Bein gleitet langsam nach vorne, bis es flach auf dem Boden ausgestreckt ist. Zurückkehren in die Startposition, Entspannen der abdominalen Muskulatur. Erneut anspannen und Wiederholung der Übung mit dem anderen Bein.

c) Knieheben

In der Startposition bleiben; ein Bein anheben, bis sich das Knie senkrecht über der Hüfte das untere Bein parallel zum Boden befindet. In die Startposition zurückkehren und die Übung mit dem anderen Bein wiederholen.

d) Ferse absenken

In der Startposition beginnen: Diesmal aber mit um 90° gebeugten Hüften und Knien, so dass sich die Knie senkrecht über den Hüften befinden und das untere Bein parallel zum Boden. Nun wird die Ferse eines Beines zum Boden hin abgesenkt, die 90°-Beugung des Knies wird beibehalten. In die Startposition zurückkehren und die Übung mit dem anderen Bein wiederholen.

e) Beinextensionen

In der Position zu 4. bleiben; ein Bein nach vorne strecken und den Fuß 30-60cm über dem Boden halten. In die Startposition zurückkehren und die Übung mit dem anderen Bein wiederholen.

VI. Besondere Probleme / Verletzungen

Frauen verfügen über ein breiteres Becken als Männer. Daraus resultiert ein höheres Verletzungsrisiko, weil durch das breitere Becken der Winkel zwischen Oberschenkelknochen und Kniegelenk kleiner ist (s.o.). Die erhöhten Stoßkräfte, die auf das Knie einwirken, werden fehlgeleitet, wodurch bei Frauen allgemein ein größeres Verletzungsrisiko der Knie-Innenseite sowie der Patella entsteht.

Daher ist es wichtig, dass Frauen besonderes Augenmerk auf die Belastung der Knie legen. Abhilfe kann dann eine Übungsvariation schaffen; bei Kniebeugen kann z.B. die Standweite variiert werden – je weiter der Stand, desto geringer der Druck auf die Kniegelenke.

Da ebenfalls die Schultergelenke aus den genannten Gründen bei Frauen anfällig für Verletzungen sind, sollten Übungen für die Rotatorenmanschette fester Bestandteil des Trainingsplans sein, die für eine bessere Stabilität des Schultergelenkes sorgen.

Quellen

Krafttraining - Praxis und Wissenschaft 3. Auflage 2008 Zatsiorsky, V. / Kraemer, W.

Anatomie für Fitness-, Kraft- und Muskeltraining für Frauen 1. Auflage 2009 Vella, M. / Berrangé, J.

http://www.dr-veigel.de

http://www.berlin-med.de